Leonhard Dobusch

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Leonhard Dobusch lehrt als Juniorprofessor für Organisationstheorie an der Freien Uni Berlinunter anderem zu transnationalem UrheberInnenrecht und dem Management digitaler Gemeinschaften. Zudem ist er Autor bei netzpolitik.org. Im Herbst 2012 habe ich ihn für das Booklet “Open Design – Wirtschaften mit freien Produkten” interviewt.

Wenn wir von Creative Commons im Design sprechen, wird schnell das Argument gebracht, dass Kreative damit kein Geld verdienen können. Wie siehst du das?
Im Kunst- und Kulturbereich ist es so wie in allen anderen Urheberrechtsindustrien: Ganz viel kreative Arbeit wird nicht oder schlecht entlohnt. Das ist aber unabhängig davon, ob ich eine Creative Commons Lizenz verwende oder nicht. Man muss sich also davon verabschieden, zu glauben, dass gute Monetarisierung vom Schutz des geistigen Eigentums abhängt. Was zählt, ist Aufmerksamkeit, und da kann Creative Commons eine Chance sein. Wenn unter Namensnennung Werke legal auf Blogs geteilt, in Tauschbörsen gestellt oder sogar weiterentwickelt werden können, werden sie natürlich auch leichter verbreitet. Das Credit-Geben ist etwas, was Aufmerksamkeit generiert, und die kann man vielleicht auch einmal monetarisieren, indem man zum Beispiel Aufträge bekommt, die man sonst nicht bekommen hätte.

Ob wir möchten oder nicht, beziehen wir uns doch immer wieder auf Werke anderer. Denkst du, dass ein gewisser Verzicht auf Urheberrecht deswegen auch sinnvoll ist?
Jessica Litman hat sehr gut klargemacht, dass wir unsere Fiktion von der genialen Autorin oder dem genialen Autor, die aus dem Nichts schöpfen, nur aufrechterhalten können, weil es Gemeinfreiheit gibt, also einen Pool an Werken und Ideen, die ohne Klärung von Rechten verwendet werden dürfen. Erst dadurch wird es überhaupt möglich, zu sagen, etwas wurde quasi aus dem Nichts geschaffen. Und daran kann ich dann auch erst Eigentums- oder Urheberrechte festmachen. Unser Konzept von AutorInnenschaft ist also sogar auf den Bereich angewiesen, in dem es keine geistigen Eigentumsrechte gibt.
Wenn man geistige Güter produziert und ehrlich zu sich ist, weiß man, dass man einerseits zwar mit dem, was man schafft, etwas verdienen kann, es aber gleichzeitig auch etwas kostet, an Werke zu kommen, um seine eigenen Werke zu schaffen. Wenn ich also etwas verfügbar mache, erleichtere ich mir selbst und anderen, Neues zu schaffen.

Wie verbreitet ist das klassische Modell, das uns in Ausbildungsstätten oftmals gelehrt wird, und indem Kunstschaffende von Tantiemen leben?
Es gibt sicher Kunstschaffende, die mit Tantiemen Geld verdienen. Es ist aber die Minderheit, die damit wirklich größere Teile ihrer Einkommen erwirtschaftet. Ein großer Teil verdient sehr wenig damit und eine noch größere Gruppe verdient gar nichts an Tantiemen. Das heißt aber nicht, dass man deshalb Tantiemen abschaffen muss, oder dass es nicht auch Sinn macht, auf diese Weise Geld zu verdienen. Wer es machen kann, soll das auch tun. Wenn ich aber nicht glaube, dass ich mit Tantiemen groß werde, habe ich vielleicht eine bessere Chance mit Creative Commons.

Du sagst, Creative Commons generieren leichter Aufmerksamkeit. Sind sie darum vielleicht gerade für junge DesignerInnen interessant?
Sicher sind sie einerseits für junge DesignerInnen eine Option, aber durchaus auch für arrivierte DesignerInnen, beispielsweise, wenn ein Projekt besonders weite Verbreitung braucht. Es macht auch Sinn, bezahlte Auftragswerke zu öffnen, bei denen es den AuftraggeberInnen nicht wichtig ist, wie das Ergebnis lizenziert wird, wie das bei öffentlichen Förderungen der Fall ist.

Durch die Forderung von Unabhängigkeit gegenüber AuftraggeberInnen werden momentan neue Finanzierungsmodelle interessant. Welche sind das?
Neben den klassischen Modellen der Verwertung, die teilweise unter Druck sind, teilweise aber auch wie eh und je florieren, gibt es jetzt neue Formen von Finanzierung. Am bekanntesten ist Crowdfunding, also das Vorfinanzieren über kleinere Beiträge einer großen Zahl an Interessierten. Das ist natürlich auch eine Alternative, um Kunst und Kultur mitzufinanzieren und gleichzeitig eine freie Lizenz für das eigene Werk zu ermöglichen. Man sollte sich dabei aber keinen Illusionen hingeben, dass man ein Projekt reinstellt und die Masse schon kommen und es finanzieren wird. Auch da muss man viel Vorleistung bringen oder bereits eine gewisse Bekanntheit erreicht haben.

Crowdfunding wird auch kritisiert, Kreative in neue Abhängigkeitsmodelle zu packen. Wie ist deine Ansicht dazu?
Crowdfunding setzt die grundlegenden Spielregeln von Kulturmärkten nicht außer Kraft, und auch mit Creative Commons geht das Dilemma der Aufmerksamkeitsökonomie nicht weg. Gleichzeitig ist es aber auch eine neue und andere Finanzierungsquelle. Ich glaube, die kulturelle Landschaft wird umso vielfältiger sein, je vielfältiger auch diese Quellen sind. Man sollte sich völlig davon verabschieden, zu glauben, für eine Art von Kultur gibt es nur eine Art von Finanzierungsmöglichkeit. Sinnvoll ist ein Nebeneinander von verschiedenen Möglichkeiten. 

https://netzpolitik.org/
http://dobusch.net/

Leonhard Dobusch twittert als @leonidobusch.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]